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Wer ist dem Charme von Mary Poppins, dieser Erzieherin mit den schwarzen Stiefeletten, dem Blumenhut und dem langen Kleid nicht erlegen? Niemand! Ebenso schafft es niemand, sich dem Charme jener Person zu entziehen, die die Rolle der Mary Poppins 2017 interpretiert hat: Olivia Seigne. Ihre Leistung wurde denn auch in den Medien sehr gelobt. Wie die Autorin Pamela Lyndon Travers ihre Titelfigur beschreibt, hat auch Olivia Seigne schöne, mandelförmige blau-grüne Augen und eine hübsche kleine Nase. Wenn sie lächelt, heben sich ihre Wangenknochen und ihre Augen werden von feinen Lachfältchen umrahmt. Wie gemacht um unsere Aufmerksamkeit noch mehr auf sie zu lenken. Ihre Stimme ist ernst, sinnlich und ansprechend. Alles an ihr atmet Weiblichkeit, eine schlichte und fröhliche Weiblichkeit, in die man sich sofort verliebt.
Die Schauspielerin und Regisseurin Olivia Seigne ist in Sitten geboren und in Veyras, umgeben von überschwänglichen Frauen oder Malerin (manchmal in Personalunion), aufgewachsen. Sie ist die zweitjüngste Enkeltochter des Malers Charles-Clos Olsommer, dessen Schaffen ein Museum in Veyras würdigt. Wie ihre Schwester, die Autorin Aude Seigne, verliebte sie sich bereits als Kind in Worte. Worte, die sie bei Klassenlektüren hörte, schmeichelten ihren Ohren und berührten sie im tiefsten Grund ihrer Seele. Es war dann auch die Poesie, die ihr die besten Schulnoten bescherte.
Das Theater spielte immer eine wichtige Rolle in ihrem Leben. Sie nahm Kurse im Sittener Konservatorium und im Petithéâtre. Sie hat sich in den „cours Florent“ und später in der Ecole du passage in Paris eingeschrieben, die von Niels Arestrup geleitet wurde. Im Jahr 1995 unterbrach sie ihre Theaterlaufbahn, um russisch zu lernen. Zur grossen Freude ihrer Grossmutter, die bis dahin nicht immer ganz glücklich war mit der Berufswahl ihrer Enkelin. Doch das Schicksal von Olivia Seigne führte sie bald wieder an andere Orte als nach Moskau. Nach ihrem Sprachaufenthalt zurück in der Heimat, suchte der Regisseur Lukas Haembleb eine Assistentin, die russisch sprach. Sie wurde vom Fleck weg engagiert. Seitdem verliess Olivia Seigne die Welt der Bühne, der Kulissen und des Publikums nie mehr. Der Beifall und die Unterstützung des Publikums begleiten sie seither.
Olivia Seigne ist zufrieden mit den vielen Momenten des Glücks, die sie bei einem Wort, einem Satz oder einem Lächeln empfinden kann. Im Jahr 2008 erhielt sie den Förderpreis des Staates Wallis. Um uns zu erklären, welche Bedeutung dieser Preis in ihrem Leben hatte, zitiert sie Lacan: „Es ist der Blick der anderen, der mich ausmacht.“ Mit ihrem Mann Alexandre Vogel gründete sie die Kompagnie „StoGramm“. Auf Russsisch heisst das so viel wie 100 Gramm, eine Wodkadosierung oder das Gewicht eines Vogels auf einem Zweig. Der Direktor des Petithéâtre, Michaël Abbet, lud die Kompagnie ein, ein Spektakel für die Dunkelheit zu schaffen. Das wurde mit dem Projekt „Life after Life“ 2013 realisiert – ein Stück im Reich der Geister oder der Projektionen von uns selbst.
Dank dem Preis „Prix scènes valaisanne“, den sie für ihre erste Kreation erhalten hatte, konnte sie sich mit der Thematik Transgender befassen, die ihr sehr am Herzen lag. Olivia Seigne präsentierte „Comme toi-même“ 2015 im Theater Les Halles, THL, in Siders. Damit gibt sie Menschen eine Stimme, die zwischen zwei Geschlechtern geboren wurden und liefert uns mit einer originellen, turbulenten Szenerie deren Blick auf ihre Körper.
Ob der Vorstand vom Verein Ouverture Opéra dieses Spektakel gesehen hat, ist ungewiss. Aber kurz danach wurde sie engagiert, um die Nachfolge von Julie Beauvais in der Regie der Ouverture Opéra anzutreten. Alle zwei Jahre wird in diesem Rahmen eine Oper in der Ferme-Asile in Sitten aufgeführt. Sie hat das Vertrauen des Vereins und sie nimmt die Herausforderung gerne an. „Wir fliegen wie ein Schmetterling um das Licht und suchen nach der guten Idee. Nach und nach fallen die schlechten Einfälle wie tote Haut zu Boden und das definitive Konzept wird offensichtlich.“ Eine langfristige Arbeit, wie Pierre Soulage es nennen würde. „Arbeitend finde ich, was ich suche.“
Sie, die sich immer gewünscht hat ein Stück von Tschechov auf Russisch zu spielen, fühlt sich nun genauso wohl selber in eine Rolle zu schlüpfen oder einen Schauspieler anzuleiten. Olivia Seigne begleitet das von Anne Binsang initiierte und von Künstlern in Residenz gespielten Projekt „les belles complications“. Zudem wird Ende 2018 die dritte Kreation der Theatergruppe StoGramm auf die Bühne kommen. Sie sagt, dass sie Glück habe, dass ihr alle diese Möglichkeiten offen stehen. „Es ist schwindelerregend und manchmal macht es mir Angst, aber ich könnte mir nicht vorstellen, jemals etwas anderes zu machen.“ Ihre Grossmutter sieht ihr jetzt, ohne Zweifel glücklich, von oben zu. Sichtbar glücklich ist auch Olivia Seigne.
Erschienen: April 2018
Text: Sophie Michaud
Fotos: © Diana Pfammatter
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