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Diese Katze kenn ich aus dem Internet
Eines schon mal vorweg: Marco Nicolas Heinzen ist nicht einfach zu fassen. Nicht als Musiker und nicht als zeitgenössischer Künstler und Maler. Denn Marco Nicolas Heinzen könnte man sich ebenso gut als Philosophen, Physiker oder Biologen vorstellen. Er hat Potenzial. Und wenn er sich denn in Zukunft im ganzen Umkreis seiner Möglichkeiten zu verwirklichen sucht, hat er ein weites Feld vor sich.
Seine Bilder hingegen wirken auf den ersten Blick, und nur auf den ersten Blick, simpel. Ist das nicht die aus dem Internet bekannte, grimmig dreinschauende Katze „Grumpy Cat“, die da in Öl festgehalten wurde? Marco Nicolas Heinzen kümmert sich keinen Deut darum, dass die Internetberühmtheit bereits von tausenden Nutzern kopiert, geteilt und „geliked“ wurde und dass sie damit ihre Aura von Einzigartigkeit längst verloren hat. Denn genau um diesen Gegensatz geht es: Der Briger Künstler setzt der schnellen, inflationären Bilderflut des Internets langsame Ölbilder entgegen, in die er mindestens 200 Stunden Arbeit gesteckt hat. Ein flüchtiges Bild aus dem Internet wird damit zum Unikat und erhält dadurch Wert und Dauer. „Ich stelle mir jetzt schon vor, wie Fachleute in 100 Jahren ratlos vor dem Ölbild „Grumpy Cat“ stehen und sich fragen werden, welche Bedeutung diese Katze wohl hatte, dass dermassen viel Zeit in ihre Herstellung investiert wurde“, sagt Marco Nicolas Heinzen mit einem schelmischen Lächeln.
Seit 2006 sammelt er Bilder aus dem Internet. Seine Sammlung ist seither auf 19573 Bilddateien und über 300 Youtube-Videos gewachsen. Darunter befinden sich Bilder, die er selbst total daneben findet, die politisch nicht korrekt sind oder die einem gerade angesagten Trend oder „Meme“ entstammen. Auffallend oft tauchen Bilder von Palmen – als Sehnsuchtssymbole des bürgerlichen Mittelstands – oder Tiere in menschlichen Posen auf. Die bizarre, komische Ebene, die durch diese Sujets entsteht, interessiert Marco Nicolas Heinzen. Er mag Paradoxien, Gegensätze und die Provokation und befasst sich mit Fragen zukünftiger Technologien, der Wissenschaft, sozialer Psychologie, der Bildtheorie, sozialer Medien und zum Internet. „Eigentlich ist die realistische Malerei im 21. Jahrhundert ein Unding“, merkt er an. Die Frage nach dem Sinn seiner Arbeit und dem Wert als Künstler drängt sich auf: „Oft ist das Hauptsubjekt des Bildes nur eine subversive Falle für den Betrachter; um mich im Hintergrund mit Themen der Malereigeschichte wie Stilleben, Texturen oder Materialität und Fragen der heutigen Gesellschaft befassen zu können.“
Marco Nicolas Heinzen benutzt die Malerei als Medium - als die ästhetische Form des Ausdrucks eines grösseren Systems von Ideen und Konzepten. Er nutzt jeweils das Medium, welches ihm zur Umsetzung eines Konzepts am geeignetsten erscheint. So wählte er zum Beispiel an der Buchmesse der Art Basel 2013 eine Sound-Installation mit Youtube-Videos, in die er performativ als Live-DJ eingriff, schnitzte 2015 für eine Gruppenausstellung mit Pascal Sidler und Angela Baumgartner in Zürich Schildkröten aus farbiger Seife und bespielte gleichzeitig einen Busch mit einem Soundtrack aus Meeresrauschen, Amazonas Vogelgezwitscher und Regentropfen. Der 2008 diplomierte Musikpädagoge und Master of Arts in Fine Arts, Bildende Kunst (2011, Zürcher Hochschule der Künste, ZhdK) stellt sich immer wieder neuen Herausforderungen und sprengt, ob mit seinen übergrossen Gemälden oder interaktiven Installationen räumliche wie ästhetische Grenzen.
Letzte Ausstellungen
2015 Tartart Gallery - 24h Project, Zürich „Tropical Interzone“
2015 QG – Centre Contemporain, La Chaux de Fonds, „Monsieur L`Ordinateur“
2015 Plymouth Rock, Zürich „A Form is a Social Gatherer“
2014 Dienstgebäude, Zürich ?„Catch of The Year“
2014 Well, Zürich, „La deutsche Vita“
2014 Kunstverein Oberwallis, Visp, Einzelausstellung, "Eventually you will be dead, but today you are not."
2014 Festival Images, Vevey „Re:Editorial“ Adventice Editions & Marco Nicolas Heinzen
2014 Sidney & Berne Davis Art Center, Fort Myers Florida US, "Punctum Contra Punctum II“
2014 National Museum of Georgia, Tiblisi, "Punctum Contra Punctum II"
2013 Art Basel, Art-Book Fair
2012 “von Hunden, Katzen und anderem Getier” Einzelausstellung, Lokal-Int, Biel
Kontakt
Erschienen: August 2015
Text: Nathalie Benelli
Fotos: © Valérie Giger