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Porträts über Bildende Künstler sind so eine Sache. Zum Repertoire gehören eine Beschreibung der Werke und eine lange, intensive Auseinandersetzung mit dem Gedankengut der Künstlerin oder des Künstlers. Das kann schön zu lesen, wenn die Sätze Kraft besitzen und vermögen ein Bild der Kunstschaffenden zu vermitteln. Doch gleich zu Beginn des Besuchs bei Maria Ceppi war klar, hier würde einiges anders sein.
Wir treffen Maria Ceppi mit dem Gartenschlauch in der Hand an. Es ist ein warmer Tag und die Blumen rund um ihr Haus benötigen Wasser. Sie kümmert sich. Erst nachdem das Notwendige erledigt ist, öffnet sie uns die Türe zu ihrem Atelier, ein an den Hang gelehnter Raum aus Beton mit Aussicht. Skizzen, Objekte, Installationen und Arbeitsstudien werden von einem weissen Paravant vor südlichem Licht beschützt.
Maria Ceppi spricht nicht gerne über sich selbst. Was ihre Werke bei anderen auslösen und welche Prozesse sie in Gang bringen können, findet sie viel spannender. Von diesen Themen sprechend, malen ihre Hände Bilder in die Luft. Sie schildert ihr Ringen und Forschen, bis sie genug wisse, um sich auf eine Thematik einzulassen. „Erst wenn du dich auf einem Gebiet wirklich auskennst und es erfasst hast, kannst du etwas schaffen, das einfach ist“, sagt sie. Die Bildende Künstlerin sammelt laufend Material, Eindrücke und Wissen. Sie legt diese Dinge im Kopf oder in einer Schublade ab, bis der Moment gekommen ist, die Ingredienzen zusammenzufügen und daraus etwas Neues zu kreieren. Und das braucht Zeit. „Es ist wie bei einer Metamorphose. Viele Möglichkeiten, sind bereits angelegt, aber sie sind noch nicht sichtbar“, zieht Maria Ceppi einen Vergleich heran.
Bei ihren Werken geht es ihr nicht darum, jemandem ihre eigene Philosophie aufzudrücken. Was sie fasziniert sind Veränderungen und Entwicklungen, die sich ergeben. Sich mitbewegen im Fluss der Dinge und des Lebens. Sie lässt sich auf Prozesse ein, beobachtet und begleitet diese. Der Austausch mit Beteiligten eines Projekts interessiert sie. Den Schnittflächen zwischen Privatem und Öffentlichem gehört ihre Aufmerksamkeit. Die gemeinsamen Berührungspunkte, die sich zwischen Involvierten eines Themas ergeben, werden von ihr akkurat beleuchtet.
Lange bevor die kulturelle Teilhabe ein weitverbreiteter Kunstbegriff wurde, schuf sie mit dem „Zeitdokument“ 2006 ein Werk, das diese Entwicklung vorweg nahm. Während dem Bau des Lötschberg-Basistunnels richtete sie das Café Gobelin am Bahnhof in Visp ein. Hier traf sie sich mit Frauen und Männern der Region und stickte an den 40 Gobelin-Tafeln, die später zu einem 3,5 mal 5,5 Meter grossen Bildteppich zusammengefügt wurden. Das Werk zeigt die riesige Baustelle mit Tunnelbohrmaschine, Kran, Eingangsportale und auch fiktiven Elementen. „Der lange Prozess des gemeinsamen Arbeitens ist nicht mehr sichtbar, wenn man das „Zeitdokument“ im Kunstmuseum in Sitten betrachtet. „Gespräche, die während des Stickens entstanden sind, Lebenswege, die sich gekreuzt haben und die Auseinandersetzung mit dem Thema, machen dieses Werk so lebendig und wertvoll“, ist Maria Ceppi überzeugt.
Mit ihrer Werkreihe „Objets Cultes“ bringt sie die Poesie des Alltäglichen zum Vorschein. Fast trotzig bieten die neu zusammengesetzten Gebrauchsgegenstände dem Nützlichen die Stirn. Ihrer Funktion enthoben, völlig „nutzlos“, entwickeln die „Objets Cultes“ eine verspielte Kraft und werden zu eigenständigen Skulpturen. Gegenstände zu schaffen, daran liegt Maria Ceppi nichts – wohl aber daran, für sie einen neuen Gedanken zu erfinden, der ihr ganzes Dasein ändert.
Die 54-Jährige kann sich nicht erinnern, dass sie sich bewusst für eine Künstlerinnenlaufbahn entschieden hat. Das war für sie schon seit frühster Kindheit klar. Sie kann auch nicht begründen was sie antreibt. „Ich muss aus einem inneren Bedürfnis arbeiten. Es geht nicht anders“, versucht sie ihre Leidenschaft für das Kunstschaffen zu erklären.
Angesprochen auf Projekte, die sie gerne noch verwirklichen möchte, muss Maria Ceppi nicht lange überlegen: „Ich würde gerne im Ausland einige neue Projekte im öffentlichen Raum realisieren, wo die Menschen mit der Kunst auf eine andere Art konfrontiert werden als in einer Galerie. Zu sehen, wie dort die Reaktionen auf meine Werke ausfallen und welche Begegnungen sich ergäben, das würde mich schon reizen“. Für ihre Familie hat sie Projekte im Ausland lange zurückgestellt. Jetzt, da ihr Nachwuchs flügge ist, eröffnen sich in ihrem Leben wieder ganz neue Freiheiten und Spielräume. Und da ist sie wieder, Maria Ceppis Neugier auf Veränderungen und die Lust, sich darauf einzulassen.
Erschienen: September 2017
Text: Nathalie Benelli
Fotos: © Nadia Tarra
Die Vielfalt der Walliser Natur schlägt sich auch in der Vielfalt der Walliser Kulturlandschaft nieder. Dies ist auf die beseelte Arbeit der Walliserkunstschaffenden in den verschiedensten Kunstsparten zurückzuführen. Die Künstlerporträts zeigen das Werken und Leben dieser Persönlichkeiten.
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