PRISM zielt darauf ab, die Entwicklung der Kreativ- und Kulturwirtschaft im Wallis anzuregen, zu unterstützen und zu stärken, um ihre wirtschaftlichen Auswirkungen und Erfolge zu vervielfachen....
Wenn man Beat Jaggy sucht und ihn weder in seiner „Schlagwerkstatt“ noch in seinem Haus findet, könnte sich die Suche in luftigen Höhen lohnen. In einem Kirchturm zum Beispiel. Nun, Beat Jaggy ist weder ein Biologe, der sich der Forschung von Fledermauskolonien widmet noch ein Architekt, der sich mir der Restauration von Kirchtürmen beschäftigt. Nein, Beat Jaggy ist Musiker. Durch und durch. Aber er hat sich in den Kopf gesetzt, Kirchenglocken neues Leben einzuhauchen, indem er sie als Musikinstrumente einsetzt. „Carillon Plus“ nennt sich das Projekt, das er dazu ins Leben gerufen hat.
Das Innovative an diesem Projekt ist das Zusammenspiel des Carillons (spielbares, grosses Glockenspiel) mit anderen Instrumenten oder Stimmen. Was so einfach klingt, bringt grosse technische Herausforderungen mit sich. Denn die im Glockenturm erzeugten Töne und Klänge sind in der Kirche normalerweise nur schwach hörbar. Die Glockenklänge müssen deshalb mit Mikrofonen abgenommen und in den Kirchenraum übertragen werden. Über ein Kommunikationssystem werden die Musiker/innen und Sänger/innen zudem miteinander verbunden. Ein Tontechniker fügt die verschiedenen Kanäle zusammen und so wird den Zuhörern eine völlig neue Klangwelt zugänglich gemacht.
Am Projekt „Carillon Plus“ wird eine besondere Eigenschaft von Beat Jaggy sicht- und hörbar. Er ist ein Tüftler. Seine Neugierde hat er seit Kindertagen nie abgelegt. Der Musiker ist immer wieder bestrebt neue Wege zu gehen und Unkonventionelles zu realisieren. Unvergessen ist zum Beispiel die Trommelnacht, die am Rande des Stausees in Blatten stattfand. In einer Sommernacht brachte er dort durch die Urkraft der Trommeln und weiterer Schlaginstrumente die Wildnis, die besondere Akustik und Stimmung dieses Ortes zur Geltung.
Als erster Schlagwerklehrer an der Allgemeinen Musikschule Oberwallis und später als Mitbegründer der Jugend-BigBand und der Youth Band betrat er in den 1980er-Jahren Neuland und leistete willkommene Pionierarbeit. „Mitschuldig“ ist er auch daran, dass das ehemalige Zeughaus in Brig zum Kulturzentrum Zeughaus Kultur Brig umgestaltet wurde.
„Um kreativ zu sein, muss man ein bisschen Verrücktheit zulassen“, schmunzelt Beat Jaggy. Um sogleich anzufügen, dass er aber hingegen bei der Umsetzung von Projekten sehr strukturiert vorgehe. Für neue Projekte beschreitet er nicht selten Umwege. Abseits der ausgetretenen Pfade forscht er nach neuen Möglichkeiten und setzt auf die Zusammenarbeit mit weiteren Künstlerinnen und Künstlern. Auch in seinem beruflichen Werdegang gab es einige Umwege. Bevor er eine musikalische Ausbildung abschloss und sich ganz der Musik widmete war Beat Jaggy Sportlehrer, Möbellieferant, Journalist, Buchhalter und Werklehrer. Die Musik war aber immer Teil seines Lebens und grosse Meister wie der Schlagzeuger Pierre Favre hinterliessen Spuren bei dem wissbegierigen Schüler.
„Man muss etwas erlebt haben, wenn man mit Musik etwas vermitteln will“, ist Beat Jaggy überzeugt. In seiner Art und Weise zu musizieren, wird hörbar mit welcher Haltung er durchs Leben geht. Seine Musik ist nicht technik- oder kopflastig, wie er selber sagt. In der Technik sieht er nur Hilfsmittel, um das auszudrücken, was er als Mensch wahrnimmt. Überhaupt nimmt er sich als Musiker nicht zu ernst. „Als Musiker bist du nur ein Instrument, durch das die Musik fliesst. Die Musik aber, die kommt von ganz woanders her – vielleicht aus der Stille“, sagt Beat Jaggy bescheiden. Bei Konzerten geht es ihm darum, die Menschen abzuholen, damit sie sich auf das Hören einlassen können. Das gelingt ihm auch.
Für sein unermüdliches Schaffen als Musiker, Musiklehrer, Komponist und Arrangeur und für sein grosses Engagement für das Zeughaus Kultur Brig wird er am 16.01.2016 von der Stadt-Gemeinde Brig-Glis zusammen mit Alex Rüedi mit dem Kulturpreis geehrt. Zudem ist er Begünstigter des Programms Musik Pro Wallis. Die mehrjährige Unterstützung des Kantons nutzt er, um sein Projekt „Carillon Plus“ weiterzuentwickeln. Wenn wundert es, dass er sich schon darüber Gedanken gemacht hat, wie er Kirchenglocken in New York neue Töne entlocken könnte?
www.schlagwerkstatt.ch
Schlagwerkstatt
Erschienen: Januar 2016
Text: Nathalie Benelli
Fotos: © Valérie Giger
Die Vielfalt der Walliser Natur schlägt sich auch in der Vielfalt der Walliser Kulturlandschaft nieder. Dies ist auf die beseelte Arbeit der Walliserkunstschaffenden in den verschiedensten Kunstsparten zurückzuführen. Die Künstlerporträts zeigen das Werken und Leben dieser Persönlichkeiten.
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