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Tätigkeitsbericht 2022-2023Tätigkeitsbericht 2022-2023

Tätigkeitsbericht 2022-2023

Julie Beauvais

Der Himmel und seine Sterne

Julie Beauvais trägt eine Brille mit kleinen runden Gläsern. Sie nimmt sie ab, damit sie das Tal weit unten besser betrachten kann. Seit acht Jahren lebt sie nun schon hier. Die ehemalige Nomadin hat sich ein kleines Chalet im alten Dorf von Candolin auf 2000 m ü. M. gekauft.  Nur wenige Schritte entfernt lebte einst Ella Maillart, eine berühmte Reiseschriftstellerin und Fotografin. Der Wind riecht nach Abenteuer an diesen steilen Bergflanken. Hier tankt Julie Beauvais Energie. Für sie ist es die  perfekte Umgebung, um zu schreiben und Projekte zu entwickeln.

Die aus Sitten stammende Künstlerin erhielt ihren ersten Tanzunterricht im Konservatorium bei der amerikanischen Choreografin Charlotte Fox. Sie tanzte leidenschaftlich gern. Dann entdeckte Julie Beauvais das Theater. Diese Kunst faszinierte sie buchstäblich. Die Matura in der Tasche besuchte sie die École de théâtre von Jacques Lecoq. In dieser anerkannten Schule werden Schauspieler, Autoren, Regisseure und Szenografen ausgebildet. Anschliessend gründete Julie Beauvais zwei Kompagnien. «Sprung theatre» in Chicago und «Mondes contraires» in Genf. Auf ihren Reisen durch die Schweiz, Brasilien und die Vereinigten Staaten fand sie Inspirationen für ihre Kreationen. «Wir reisten von einer Welt zur anderen und entwickelten eine Theatersprache, um all diese Unterschiede zu benennen», erzählt sie. Während zehn Jahren kreiert und tourt die Gruppe «Mondes contraires» in Zusammenarbeit mit lokalen Künstlern. Engagierte Stücke entstehen. Soziale Themen der Favelas Brasiliens, der Städte und Dörfer der Mongolei, der Aufenthaltsorte der Sandinisten in den Bergen von Nicaragua fliessen in die Werke ein.

Wo Julie Beauvais auftaucht, bleibt sie mit ihrem Lächeln, den kurzen Haaren und ihrem tiefen Blick nicht lange unbemerkt. Eugenio Barba, Meister des zeitgenössichen Theaters, Schüler von Grotowski und Gründer des Odin Teatret, schlug ihr vor, ihm an sein Forschungszentrum nach Dänemark zu folgen. Sie integrierte die internationale Kompagnie «Hopballehus» ins Odin Teatret und spielte selber in verschiedenen Spektakeln. Stück für Stück kam sie ihrem Traum näher. Sobald jedoch etwas nicht mehr hundertprozentig für sie stimmt, bricht sie auf zu neuen Ufern.

Julie Beauvais nimmt Professuren in verschiedenen Schulen in der Schweiz und in England an. «Mit jungen, neugierigen und leidenschaftlichen Künstlern zu arbeiten, hat mir neue Wege eröffnet». Während dieser Zeit beginnt sie mit Jean-Luc Follonier, Professor am Konservatorium von Sitten zusammen zu arbeiten und gründet zusammen mit ihm die «Ouverture Opera». «Mit Sängerinnen und Sängern, Tänzerinnen und Tänzern oder Schauspielern zu experimentieren, interessierte mich. Nicht das Resultat ist für mich wichtig, sondern der Weg dorthin. »

Julie Beauvais hat verstanden, dass man nie zweimal in den selben Fluss steigen kann. Kühn schreitet sie von einem Projekt zum nächsten. Sie lässt die Opernhäuser hinter sich und gründet die dynamische Plattform «BadNewsFromTheStars*». Opernsängerinnen und -sänger, Bildhauer, Videofilmer, und Choreografen stehen hier im Dialog und entwickeln gemeinsame Projekte wie zum Beispiel «Krasis». Die Videoinstallation wurde am Festival de la Bâtie in Genf im Jahr 2014 erstmals gezeigt.

Nochdem Julie Beauvais 2011 den Förderpreis des Staates Wallis erhalten hat, verbringt sie sechs Monate in einer Residenz in New York und führt Regie für die Fondation Arnaud Regie bei der «L’Histoire du Soldat». Sie konzentriert sich nun auf zeitgenössische Musik. Die ersten Resultate werden zwischen dem 20. und 29. Januar 2017 in der Ferme-Asile in Sitten zu entdecken sein. Verschiedene Werke werden unter dem Titel «Excuse Me While I Kiss The Sky» vorgestellt. Julie Beauvais lädt uns also ein, den Himmel zu umarmen. Sie tut das mit dem ihr eigenen Charisma. Zeit, ihr Universum kennen zu lernen. Ein Raum voller Harmonie, Musik und Körper.

 

Erschienen: Januar 2017
Text: Sophie Michaud
Fotos: © Nadia Tarra

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