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Léa Marie d'Avigneau ist Beraterin für Kulturerbe bei der Dienststelle für Kultur des Kantons Wallis. Im Blogbeitrag zeigt sie uns ihren Blick auf das Kulturerbe im Wallis.
Léa Marie d'Avigneau ist Beraterin für Kulturerbe bei der Dienststelle für Kultur des Kantons Wallis. Im Blogbeitrag zeigt sie uns ihren Blick auf das Kulturerbe im Wallis.
"In den letzten drei Jahren habe ich im Rahmen meiner Funktion als Beraterin für Kulturerbe und aus eigenem Interesse viele Institutionen besucht, die sich mit dem Walliser Kulturerbe befassen. Die beeindruckendsten Sammlungen waren für mich diejenigen, die sich mit der Alpbewirtschaftung der jüngsten Vergangenheit im Kanton und der Schweiz befassen. Die in zahlreichen Museen ausgestellten Objekte, die unter anderem auf der ausgezeichneten Website der Vereinigung der Walliser Museen inventarisiert sind, weckten in mir eine grosse Bewunderung für die früheren Praktiken, von denen sie zeugen."
"Wasserscheite, Hanflaken und Kornwannen berichten von einer ressourcenschonenden Gesellschaft, die mit erneuerbaren Energien und lokal produzierten Rohstoffen im Rhythmus der natürlichen Umgebung und der Jahreszeiten arbeitete. Diese historischen Alltagsgegenstände haben auch meine ästhetischen Sinne angesprochen: So war zum Beispiel diesen Sommer im Musée de Bagnes ein Käseprägestempel mit wunderschönen Holzschnitzereien ausgestellt. Durch seine halbrunde Form musste er praktischerweise nur zweimal auf dem Laib angewendet werden.
Wie wichtig war unseren Vorfahren der Respekt vor der Natur und der Umwelt? Die meisten von ihnen hätten wohl liebend gern ihr Maultier gegen einen Traktor eingetauscht und zur Linderung von Kopfschmerzen eine Ibuprofen-Tablette statt eines bitteren Kräutertees geschluckt. Ihre Lebensart kann uns jedoch mit Sicherheit interessante und inspirierende Ideen für die Bewältigung der aktuellen gesellschaftlichen und klimatischen Probleme liefern."
"Verschiedene Organisationen wie zum Beispiel der Verein Erlebniswelt Roggen Erschmatt haben es sich zur Aufgabe gemacht, althergebrachtes Wissen für die Bewältigung der heutigen Herausforderungen zu reaktivieren und weiterzugeben. Der Verein bewahrt und kultiviert alte Roggenarten und pflanzt vergessene Sorten von Walliser Hülsenfrüchten zusammen mit Weizen aus ebenfalls lokaler Herkunft an. Bis zu Beginn der intensiven Landwirtschaft wurden in den Alpen häufig getrocknete Bohnen und Erbsen produziert und verzehrt. Die Hülsenfrüchte wurden geschickt mit Getreide (insbesondere in Roggenbrot) kombiniert, das komplementäre Aminosäuren enthält. Diese pflanzlichen Proteine waren für die Menschen in einer Zeit, in der Fleisch nur selten auf dem Speiseplan stand, überlebenswichtig. Da weniger Fleisch als eine der wichtigsten Massnahmen zur Verringerung unseres CO2-Fussabdrucks gilt, scheint mir das ein vielversprechender Ansatz zu sein."
"Verschiedene Kräuterspezialisten und Produzenten wie L’Essencier in Icogne tragen auch das immaterielle, im kantonalen und nationalen Verzeichnis der lebendigen Traditionen eingetragene Kulturerbe des Sammelns und Anbauens von Wildpflanzen in unsere Zeit. Vor der Industrialisierung der Arzneimittel waren Heilpflanzen wie Meisterwurz («agrou» im lokalen Dialekt) oder Johanniskraut fast jedem Kind bekannt und wurden wegen ihrer medizinischen und geschmacklichen Vorzüge gesammelt. In einer Zeit, in der die Pharmaindustrie zu den grössten Umweltverschmutzern der Welt gehört und die Übermedikalisierung bestimmte Gesundheitsrisiken mit sich bringt, bietet das Wissen um natürliche Behandlungsmethoden mit oft keinen oder nur wenigen Nebenwirkungen als Ergänzung zur Schulmedizin eine Chance, die es zu nutzen gilt."
Autorin
Léa Marie d'Avigneau, Beraterin für Kulturerbe an der Dienststelle für Kultur des Kantons Wallis